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Niedrigenergie-Bürogebäude in Karlsruhe

Mitarbeit

Architekturbüro Günter Leonhardt, Stuttgart

Neue Energiekonzepte für Gebäude. Seminarbeitrag am Institut für Baustofflehre, Bauphysik, Technischer Ausbau und Entwerfen Dipl.-Ing. Frank Dehli

Text, Diagramme und Fotos von Michael Wonner in Zusammenarbeit mit Stefan Bubeck. Der Artikel erschien in ähnlicher Form in der AIT Spezial 03 1996.


Bild: Ansicht Nord | Zugang

Energie sparen | Energieberatung | Gebäudeenergieausweis

1996 | WAT | Energiewandler - Teil 1

Neue Energiekonzepte für Gebäude.

Das Grundstück der WAT Wasser- und Abfalltechnik Ingenieursgesellschaft mbH liegt inmitten eines neuen Gewerbegebietes in Karlsruhe - Großoberfeld. Dort wurde die Errichtung eines Bürogebäudes in Niedrigenergiebauweise geplant, welches das ökologische Engagement des Bauherrn dokumentieren und für die wachsende Firma die Büroräume aller Mitarbeiter unter einem Dach zusammenfassen sollte. Eine nachträgliche Erweiterungsmöglichkeit des Gebäudes wurde vom Bauherrn gefordert . So ergab sich auf dem Ost-West ausgerichteten Grundstück ein längliches Gebäude mit einem Untergeschoss, drei Vollgeschossen und einem Dachgeschoss.

Entwurfskonzept

Der besondere energetische Anspruch sollte am Gebäude ablesbar sein. Ein markantes Zeichen dafür wurde die "Schwarze Wand", die durch ihre kaminartige Wirkung einen Großteil der nötigen Antriebsenergie für die Lüftung des Bürogebäudes liefern soll und gleichzeitig als Installationswand dient. Sie teilt das Gebäude in zwei Bereiche ein, der nördlichen hochgedämmten Zone, in der vor allem Nebenräume und die Erschließung untergebracht sind, und einer großzügig verglasten Bürozone mit südlicher Ausrichtung, um solare Gewinne und natürliche Beleuchtung optimal nutzen zu können. In den beiden obersten Geschossen sind die Büroräume der WAT untergebracht, welche räumlich über einen durchgehenden Luftraum mit Oberlicht verbunden sind. Die Kombibürozone im 3.OG ist optisch mit den verglasten Bürozellen verbunden. Die übrigen Geschosse wurden vermietet.

Energiekonzept

Während der Entwurfsphase entstand unter der Einbeziehung der beratenden Ingenieure folgende Gebäudekonzeption: es wird keine mechanische Kühlung vorgesehen, eine Überhitzung wird durch nächtliches Lüften und zusätzlicher Kältespeicherung in den Stahlbetondecken vermieden. Die schwere Gebäudemasse wird nicht von abgehängten Decken und Doppelböden an ihrer thermisch ausgleichenden Pufferwirkung gehindert. Die opaken Bereiche des Gebäudes werden hoch gedämmt (Vertikale Flächen k= 0,3 W/m²k; horizontale Flächen k= 0,2 W/m²k), alle Fensteröffnungen und verglasten Fassadenteile erhalten außerdem eine hochwertige Wärmeschutzverglasung (k= 1,1 W/m²k). Darüber hinaus wird durch den Einsatz von Lightshelves und der stündlichen Überwachung der Beleuchtungsdichte durch Photozellen ein unnötiges Einschalten der Kunstlichtbeleuchtung vermieden.

Lüftung

Die Schwarze Wand besteht aus zwei Wandschalen und dem sich damit ergebenden Zwischenraum, der als Installationskanal genutzt wird. In ihm sind Luftschächte und Wärmetauscher, Sanitärleitungen, und Elektroleitungen untergebracht. Darüber hinaus wird sie zur Längsaussteifung des Gebäudes herangezogen. Ihre eigentliche Aufgabe besteht jedoch darin, die Gebäudeabluft durch einen kaminartigen Effekt abzuführen und dabei weitestgehend auf Ventilatorunterstützung verzichten zu können. Um dies zu erreichen ist ihre Oberfläche schwarz gefärbt, die auftreffende Solarstrahlung wird in Form von Wärmeenergie in der Wand gespeichert und nach und nach an die Luft in den Kanälen innerhalb der Wand abgegeben. Die erwärmte Luft steigt auf und zieht dadurch weitere Abluft nach. Im Bereich der beiden obersten Geschosse wird die Erwärmung der Wand mittels eines durchgehenden Luftraums mit Oberlicht unterstützt. Damit die Wand keine Wärme in die Bürobereiche abstrahlt, ist sie in dieser Zone mit einer wärmereflektierenden Verglasung (k-Glas) abgedeckt. Je nach Jahreszeit werden durch die Lüftung dabei unterschiedliche Aufgaben unterstützt. Neben einer generellen Frischluftversorgung sind diese:

  • Wärmerückgewinnung der Abluft im Winter Gebäudekühlung im Sommer
  • Gebäudekühlung im Sommer

Die Zuluft der Nordbereiche wird im Bereich des Teiches auf der Nordseite des Gebäudes angesaugt. Im Winter wird sie in der jeweiligen Etage über Rippenrohrtauscher geführt und vor dem Einblasen erwärmt. Die Wärmetauscher der einzelnen Etagen sind mit Abluft-Wärmetauschern im Dachbereich über isolierte Rohrleitungen verbunden, die ein Wasser-Glykol-Gemisch enthalten. Die so erwärmte Zuluft wird dann mittels stockwerksweise angebrachten Ventilatoren über Blechkanäle unterhalb einer abgehängten Decke eingeblasen. An extrem kalten Tagen kann die Luft über ein Heizregister im Bereich der stockwerksweisen Wärmetauscher nachgeheizt werden. Die Zuluft der Südbereiche wird dagegen über fassadenintegrierte Luftkollektoren angesaugt und vorgewärmt. Anschließend wird sie durch in den Decken integrierte Rohrleitungen geführt und nimmt dabei weitere Wärme auf. Sie wird dann in vier Meter Raumtiefe im Bodenbereich ausgeblasen. Das in der Betondecke eingegossene Zuluftelement ist wie das Heizregister im Nordbereich mit der zentralen Heizanlage verbunden und kann im Bedarfsfall die Zuluft nacherwärmen. Im Fassadenbereich sind zusätzlich thermostat-gesteuerte Radiatoren angebracht, die eine gleichmäßige Grund-Raumtemperatur sicherstellen. Außerhalb der Heizperiode wird die Zuluft der südlichen Zone unter Umgehung des Brüstungskollektors direkt in die Deckenkanäle eingesaugt, in denen sie einen Teil ihrer Wärme abgibt, bevor sie an den Quellluftöffnungen austritt. In der Übergangszeit und im Sommer wird deshalb der Brüstungskollektor durch eine handbetätigte Klappe außer Betrieb gesetzt. Nachts werden die Stahlbetondecken durch die eingelassenen Rohre mit kalter Außenluft "gespült", also wieder Kälte eingespeichert, die dann zeitversetzt zur Kühlung der Zuluft eingesetzt werden kann. Der Brüstungskollektor besteht aus einem zweigeteilten Gehäuse, hinter dessen fassadenintegrierter verglaster Südseite ein schwarzes, gewelltes und fein gelochtes Absorberblech angebracht ist. Die durch das Absorberblech geführte Luft erwärmt sich und wird durch die Bodenplatte des Kollektors von einem Querstromventilator angesaugt und in die Deckenkanäle gedrückt. Über einen Drehzahlregelknopf kann die Zuluftmenge vom Benutzer selbst eingestellt werden, wobei die maximale Ventilatorleistung nur in der Übergangszeit erreicht werden kann, um Fehlbedienungen zu vermeiden. Der Kollektor ist auf den innenseitigen Flächen gedämmt, um die Bildung von Kondenswasser auszuschließen. Der raumseitig liegende Teil des Kollektors kann zu Wartungszwecken von Hand abgenommen werden.

Heizung

Das Gebäude wird durch einen Gasbrennwertkessel mit Wärme versorgt. Durch diesen wird sowohl das Heizwasser wie auch das Brauchwasser erwärmt. Die Wärmeabgabe erfolgt über Radiatoren, Zuluftnacherhitzer und im Bereich des Treppenhauses über eine Fußbodenheizung. Die Brauchwassererwärmung wird durch eine Solaranlage aus Röhrenkollektoren auf dem Dach unterstützt, deren Kollektorfläche 9 m² beträgt. Über ein elektronisches BUS-System lassen sich zentrale Steuerungsbefehle und Signale von Heizungs- und Lüftungsreglern zu den entsprechenden Geräten (Ventilatoren, Pumpen, Stellantriebe) übermitteln. Auf diese Weise kann der Betrieb der Heizungs- und Lüftungsanlage optimal eingestellt werden.

Betriebszustände

Für die Heizungs- und Lüftungsanlage ergeben sich drei relevante Betriebszustände:

  • Die Heizperiode dauert aufgrund der Gebäudekonzeption und der internen Wärmegewinne nur von etwa November bis Februar. Um jedoch auch ungewöhnlich kalte Tage abfangen zu können bleibt die Heizanlage bis Mitte Mai und ab Anfang September betriebsbereit.
  • Die Übergangszeiten dauern von März bis Juni und von September bis Oktober/November. Das Gebäude wird in dieser Zeit durch entsprechende Stellung der Fenster und Verschattungseinrichtungen auf komfortablen Temperaturen gehalten, eine mechanische Unterstützung entfällt.
  • Die Hitzeperioden, in denen die Nachtkühle in den Zwischendecken eingespeichert wird, dauern von Juli bis August.
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    Bild: Ansicht Süd | Verschattungselemente

    Ansicht Süd | Ausschnitt

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    Bild: Ansicht Ost

    Ansicht Ost | Verschattungselemente

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    Bild: Detail Dachgeschoss | Verschattungselemente

    Detail Dachgeschoss | Verschattungselemente

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    Bild: Tiefgarage

    Tiefgarage | Einfahrt